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Goethe als Patient und die Medizin seiner Zeit

Goethe als Patient und die Medizin seiner Zeit

Vortrag von Dr. Dieter Torzewski am 13. Februar 2015

Müllenborn, 13. Febr. 2015: Hinter dem verfälschten Bild des Heroen Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar) verbirgt sich das wahre Bild eines von Krankheit Gezeichneten, der dies Schicksal jedoch vorbildlich meistere, so Frank Nager, Schweizer Internist in seinem Buch „Der heilkundige Dichter, Goethe und die Medizin“ (1999).

Goethes gesundheitliche Krisen

Sechsmal stand Goethe vor dem Tod und ist doch 83 Jahre alt geworden, fast ein Wunder angesichts der damaligen therapeutischen Möglichkeiten. Bei seiner Geburt hatte sich die Nabelschnur um seinen Hals geschlungen, sodass er halb erstickt auf die Welt kommt. Welchen Verlust hätte die Menschheitskultur erlitten, wenn das Neugeborene sich schließlich nicht doch zum Atmen entschlossen hätte!
Goethe übersteht alle Kinderkrankheiten, auch die äußerst gefährliche Pocken-krankheit. Mit 18 Jahren erleidet er einen schweren Blutsturz
Eine  weitere Krise folgte zu Beginn des 19. Jahrhunderts, vermutlich eine bakterielle Infektion der Haut und ein Nierensteinleiden mit immer wieder auftretenden Nierenkoliken. Übermäßiges Essen und Weinkonsum verschärfen die Leiden. Vor allem die Dichtkunst lässt ihn diese Krisen überwinden. So entsteht der grandiose Roman „Die Wahlverwandtschaften“ (1809).
Im Jahr 1823 erleidet er wahrscheinlich einen Herzinfarkt. „Wenn ich nun doch sterben soll, so will ich auf meine Weise streben,“ so Goethe - als habe er die aktuelle Diskussion um die Sterbehilfe vorausgeahnt.
Im Alter von 74 Jahren kommt es zur fünften Todeskrise mit schweren Angina-Pectoris-Anfällen, Herzinsuffizienz begleitet von quälender Atemnot und Wassereinlagerungen.
Im Jahr 1830 erleidet er einen schweren Blutsturz, Blutungen aus der Lunge. Trotzdem gelingt ihm der vierte Band von „Dichtung und Wahrheit“ und er macht sich mit großer Energie an die Vollendung des „Faust“.
Aber auch sein unbändiger Lebenswille und seine Robustheit haben Grenzen. Am 22. März 1832 erfolgt die „Ordre zum Abmarsch“. Er verstirbt nach schwerem Leiden.


Die Medizin seiner Zeit

Über die begrenzten Möglichkeiten der damaligen Medizin gibt ein Zitat des als Professor Faust verkleideten Mephisto Aufschluss: „Der Geist der Medizin ist leicht zu fassen; Ihr durchstudiert die groß´und kleine Welt, um es am Ende gehen zu lassen, wie´s Gott gefällt.“
Die meisten medizinischen Errungenschaften erfolgen erst nach der Goethezeit: die Chirurgie, die Narkose, die Entdeckung der Bakterien als Krankheitsursache, die Entdeckung der Tuberkulose und des Penicillins. Vor allem mangelt es an Hygiene.

Goethe und die Ärzte

Fast 30 Ärzte betreuten Goethe und begleiteten ihn als Gesprächspartner, insgesamt siebenmal lässt Goethe Ärzte in seinen Dichtungen auftreten. 1827 sagt Goethe zum Kanzler Müller: „Unser Leben kann sicherlich durch die Ärzte am keinen Tag verlängert werden, wir leben, solange es Gott bestimmt hat; aber es ist ein großer Unterschied, ob wir jämmerlich wie arme Hunde leben oder wohl und frisch, und darauf vermag ein guter Arzt viel.“

Lions Präsident Gerd Weiler dankte dem Referenten für den beeindruckenden Vortrag. Er kenne keinen besseren Goethe-Experten. 



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