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Von der Bonner zur Berliner Republik

Von der Bonner zur Berliner Republik

Vortrag Dr. Hans Friderichs (1972-1977 Wirtschaftsminister) am 9. Mai 2014

Dr. Hans Friderichs mit dem Vorstand des Lions Clubs Vulkaneifel

Müllenborn, 9. Mai 2014: Dr. Hans Friderichs (1972-1977  Wirtschaftsminister) war zu Gast im Lions Club Vulkaneifel.


Zur Person
Dr. Hans Friderichs wurde 1931 in Wittlich geboren. Er war im Kabinett Kohl Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium in Mainz, 1972-1977 Wirtschaftsminister im Kabinett der Kanzler Brandt und Schmidt. Er war in Vorständen und Aufsichtsräten verschiedener Banken und Firmen tätig. Er lebt heute in Mainz und verbringt die Sommermonate mit seiner Frau in seinem Haus am Schalkenmehrener Maar und leitet die Stiftung Schalkenmehrener Maare. Seit 1956 ist er Mitglied der FDP.

Nachkriegszeit
Dr. Hans Friderichs zog mit treffsicheren und analytisch scharfem Blick eine Bilanz der Nachkriegszeit und des Kalten Krieges, der Westintegration der Bundesrepublik, der neuen Ostpolitik unter Willi Brandt „Annäherung durch Wandel, Wandel durch Annäherung“ bis zur Wiedervereinigung 1989.

Die Berliner Republik
Der Umzug aus der provisorischen Hauptstadt, aus dem beschaulichen Bonn, aus der Nische weltpolitischer Verantwortung markiert auch entscheidende politische Veränderungen. Deutschland ist in die Mitte Europas gerückt und fällt somit eine neu Rolle zu.Während die „Rheinische Republik“ nach dem Motto „Leben und leben lassen!“funktionierte, ist die Berliner Republik größer, kosmopolitischer, östlicher und auch unpersönlicher. 

Die Nachkriegsgeneration sei abgetreten, eine neue Generation an Bürgern und Politikern sei hernagewachsen, die „Generation Berlin“, ohne Identität und „Feindbilder“, politisch höchst volatil, mit einem großen Wertedefizit und auf der Suche nach Sinn. In der Politik mache sich zunehmend eine Kaste von „Berufspolitikern“ breit, die keine berufliche Alternativen, keine Entscheidungsfreiheit in Konflikten und keinen Mut zu einem Ausstieg aus der Politik haben. Von einem Spiegelbild der Gesellschaft seien die Parlamente weit entfernt.

Politischen Partien gelinge immer weniger eine profilierte Meinungsträgerschaft, Parteiprogramme interessierten nicht mehr. Im Vordergrund stehe die Realisierung von Opportunitäten. Eine „Sozialdemokratisierung“, ein Verteilungswettlauf, eine fatale Gerechtigkeitsorientierung aller bürgerlicher Parteien sei zu verzeichnen. Die wichtigen Reformen der Agenda 2010 und der Wettbewerbsvorteil der Bundesrepublik werde z. B. durch eine unverantwortliche Rentenpolitik verspielt.

Europa

Deutschland und Frankreich sind für Dr. Hans Friderichs Eckpfeiler der europäischen Entwicklung, die er nachdrücklich befürwortet. Sorge bereitet ihm die zunehmende Entfremdung zwischen den Staatsspitzen beider Länder und der große Produktivitätsrückstand Frankreichs – ca. 30 % gegenüber der Bundesrepublik.

Durch die Einführung des Euro sei eine „Währung ohne Staat“ und seine traditionellen Steuerungsmöglichkeiten wie eine abgestimmte Steuer- und Finanzpolitik und die Anpassung von Währungsparitäten entstanden. Westeuropa habe nichts aus den Ölkrisen der 70er Jahre gelernt und es versäumt, einseitige Abhängigkeiten – z. B. zu Russland - abzubauen. Friderichs vermisst ein Konzept und auch einen politischen Streit um Europa: Was für ein Europa soll es werden? Ein Staatenbund, ein Bundesstaat? Zentralistisch oder föderalistisch?

Finale
In markanten Thesen fasste Dr. Friderichs seine Analysen zusammen und rechnete mit den modernen Medien auch auf dem Hintergrund der Wulff-Affäre ab. Der politische Diskurs sei einer Effekthascherei, einer bunten Mischung von Meinungen und Nachrichten gewichen - mit dem Risiko einer entpolitisierten, uninformierten Gesellschaft.





 


 



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